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Zwei Leben – Zwei Jahrhunderte

Buchrücken alter Bücher daneben das Bild eines entschlossenen Mannes mittleren Alters mit randloser Brille, darunter farbige Tagebücher mit Schloss und links davon eine selbbewußt strahlende Frau aus den Fünfziger-, Sechzigerjahre

Im Rahmen der 26. ZEITREISE lud das Deutsche Tagebucharchiv (DTA) kürzlich das Publikum zu einem abwechslungsreichen Streifzug durch zwei Jahrhunderte ein. Unter dem Motto Zwei Leben – Zwei Jahrhunderte trafen an drei ausgebuchten Abenden im Alten Rathaus Emmendingen und der Universitätsbibliothek Freiburg die Tagebuchwelten zweier ganz unterschiedlicher Persönlichkeiten aufeinander: Emil Schneider, ein bürgerlicher Familienvater des 19. Jahrhunderts, und Ilse Brandt, eine moderne Frau des 20. und 21. Jahrhunderts.

Emil Schneiders Tagebuchtexte, vorgetragen von Markus Schaber, Helmut Hoppe und Rainer Glaser, boten einen intimen Blick in die Lebensrealität des 19. Jahrhunderts. Die Höhen und Tiefen seines Lebens fesselten das Publikum: Emil Schneider schilderte, wie er die Choleraepidemie überlebte und später die politische Spannung in der Zeit nach der Revolution von 1848 erlebte. Besonders eindringlich waren die Passagen aus seinen mittleren Jahren, in denen er den Verlust nahestehender Menschen beschreibt und dennoch festhält: „Ich fühle es, Frieden und Freude werden in mein Haus zurückkehren.“

Die Tagebücher von Ilse Brandt erzählten eine völlig andere Geschichte. Vorgetragen von Christiane Weinzierl, Eva-Maria Dengler-Pellegrini und Marianne Müller, beleuchteten die Texte die Entwicklung einer Frau, die von den 1950er-Jahren bis ins Jahr 2023 eine bemerkenswerte Lebensleistung dokumentierte. Ihre Worte, wie etwa „Disziplin habe ich; sonst würde ich vieles nicht geschafft haben“, zeigten eine Frau, die die Balance zwischen familiären und beruflichen Herausforderungen mit großer Sorgfalt hielt. Besonders bewegend waren ihre späten Reflexionen über die Flüchtigkeit der Zeit: „Wo bleibt nur die Zeit?“ Ilse Brandts Anwesenheit verlieh dem Premierenabend zusätzlichen Glanz. Gemeinsam mit ihrer Tochter nahm die 80-Jährige an der Lesung teil, und die Aussage der Tochter: „Vor der Lesung war sie einfach meine Mama, danach wurde sie zu einer faszinierenden Frau!“ unterstrich die emotionale Wirkung der Tagebücher.

Ingo Hipp, der am Saxophon die Lesungen begleitete, schuf mit seinen stimmungsvollen Kompositionen einen harmonischen Rahmen. Seine selbstkomponierten Stücke loteten die emotionale Tiefe der Texte aus und trugen entscheidend zur eindringlichen Wirkung der Tagebuchauszüge bei.

Die begleitende ZEITREISE-Broschüre geht auf 170 Seiten inhaltlich weit über den Umfang der Lesetexte hinaus. Sie kann im DTA-Shop zum Preis von 12 Euro (ggf. zuzüglich Versandkosten) erworben werden.

Unsere langjährige ehrenamtliche Mitarbeiterin Dr. Getrtrud Lütgemeier hat nicht nur 41 Tagebücher von Emil Schneider transkribiert, sondern auch einen lesenswerten Aufsatz zu seinen Erlebnissen im Revolutionsjahr 1848 verfasst. Erfahren Sie mehr hier.