Alle Artikel mit dem Schlagwort: Rolle der Frau

der Bucheinband zeigt eine lächende Frau in weißer Bluse vor einer mechanischen Schreibmaschine

Mehr als Steno und Schreibmaschine

Der Bürgersaal im Alten Rathaus war bis auf den letzten Platz gefüllt, als Annegret Braun aus ihrem Buch Die Sekretärin. Frauenkarriere und Lebensträume in den 1950er Jahren las. Die aufmerksame Zuhörerschaft wurde mit einer klug zusammengestellten Mischung aus humorvollen und nachdenklichen Passagen belohnt, die den Alltag von  Sekretärinnen in den Mittelpunkt rückten. Meisterhaft verknüpfte die Autorin die leichten, oft amüsanten Seiten des Berufs mit den ernsten Kapiteln der Geschichte – und spannte dabei den Bogen von der Zeit, in der Frauen Ende des 19. Jahrhunderts kaum Zugang zu einer Berufsausbildung hatten, bis hin zum Wandel des Berufsbilds im 20. Jahrhundert, insbesondere in den 1950er Jahren. Besonders eindrucksvoll: Die Kapitel zur Rolle der Sekretärin im Dritten Reich wurden zwar nicht vorgelesen, doch die Andeutungen ließen erahnen, dass hier ein tieferer Einblick in ein dunkles Kapitel der Geschichte wartet – und machten neugierig auf mehr. Brauns Buch stützt sich auf unveröffentlichte Tagebücher aus dem Deutschen Tagebucharchiv. Diese verleihen den Stimmen der Frauen Authentizität und Unmittelbarkeit. Mit lebendigen Schilderungen und prägnanten Zitaten machte Braun die gesellschaftlichen Umbrüche jener Zeit greifbar: Für viele …

Die kurze Stunde der Frauen

Das Jahr 1945 ist ein außerordentlicher Wendepunkt in der deutschen Geschichte. Frauen wurden für ihre Stärke und ihre Existenzerhaltung in der Nachkriegszeit, ihre Aufbauarbeit als sogenannte Trümmerfrauen in der öffentlichen Darstellung sehr wertgeschätzt. Das Jahr wurde vielfach sogar als „Stunde der Frauen“ bezeichnet. „Wie die Frauen selbst aber die damalige Zeit erlebten, ist kaum bekannt. Welche Hoffnungen hegten sie? Wie erfuhren sie die belastenden Lebensumstände? Und was dachten sie, als die neu empfundene Freiheit bald wieder den alten Machtverhältnissen weichen musste? Miriam Gebhardt beschreibt das Lebensgefühl deutscher Frauen nach dem Zweiten Weltkrieg eindringlich, persönlich und mit viel Empathie.“  Dazu hat sie Selbstzeugnisse von Frauen ausgewertet, darunter rund zehn Tagebücher, Briefe und Erinnerungen aus dem DTA-Bestand. „Sie zeigt, warum sich die meisten Frauen nicht aus alten Rollenmustern befreien konnten, wie es einigen gelang, neue Wege einzuschlagen – und wie diese Erfahrungen unser Leben bis heute beeinflussen.“ (Zitate aus dem Inhaltstext und eine Leseprobe vom Verlag Herder)

23. Zeitreise: Rechnen mit vielen Nullen

Die 1920er Jahre in Tagebüchern und Briefen Die Zwanziger Jahre erleben angesichts ihrer 100jährigen Wiederkehr eine Renaissance des öffentlichen Interesses, das in Büchern und Filmen seinen Ausdruck findet. Auch das DTA ergreift die Gelegenheit beim Schopf, einigen der vielen faszinierenden und interessanten Tagebücher aus dieser Zeit eine Stimme zu verleihen. Reisen großbürgerlicher Familien in die Metropolen der Welt oder ins ferne Amerika, Augenzeugenberichte politischer Geschehnisse wie dem Kapp-Putsch, die wir heute nur aus dem Geschichtsbuch kennen. Bestrebungen nach neuen Lebensformen – seien es Mode, Film oder die Rolle der Frau – wie auch der ganz profane Alltag oder die schiere Verzweiflung in Inflationszeiten bringen diese widersprüchliche Zeit, in der der Wind des Aufbruchs wehte, nahe. Hörtexte Clara Brause „Heraus aus dem Dunkel – empor zum Licht“, 1923 – 1929 Die einst gut situierte, nach dem Tod des Mannes verarmte Witwe lebt zusammen mit ihrer 25-jährigen Tochter Erna, einer Bankangestellten, in einer geräumigen Wohnung in Berlin-Moabit, in der sie Zimmer vermietet. 15 Tagebücher füllt sie zwischen 1923 und 1936. Das Leben in Berlin 1923 – wie …